Weinwissen: San Martino della Battaglia DOC

San Martino della Battaglia

Der beeindruckender Wein aus namenlosen Trauben

von Katrin Walter:

Mit ihren nur 25 Hektar ist die Produktionszone für den San Martino della Battaglia nicht nur das kleinste DOC-Gebiet der Region Lombardei, sondern wohl auch von ganz Italien. Die DOC ist interregional, also darf sowohl in der Lombardei als auch in Venetien in vorgeschriebenen Provinzen und Gemeinden produziert werden, wie auch der Lugana-Wein, dessen 1000 Hektar Produktionsgebiet sich auch über das von San Martino della Battaglia erstrecken.

Nur 9 Betriebe, der 15 Traubenproduzenten, füllen den San Martino della Battaglia auch ab. Meist entsteht der Wein aus 100  % Tocai friulano-Trauben (die Produktionsrichtlinien schreiben mindestens 80 % vor und lassen für die restlichen 20 % auch weiße, erlaubte Sorten der Lombardei und der Provinz Verona zu). Aber das dürfen wir nicht mehr sagen, denn Ungarn hat seit 2007 die Hoheit über diesen Namen.

Als San Martino della Battaglia DOC werden jährlich nur knapp 46.000 Liter produziert, die früher bis zu 80 % lose verkauft wurde oder als Verschnittwein genutzt wurde. In 2010 wurde zumindest ein Drittel davon abgefüllt. Obwohl sie diesen Wein nicht mehr Tocai nennen dürfen, finden sich immer mehr Winzer, die stolz ihr eigenes Etikett herstellen. Die Hälfte dieser Produktion kommt allerdings von nur einem Produzenten: Selva Capuzza – Colli al Lago, der die Identität in dieser Denomination entscheidend prägt. Luca Formentino dazu: „Unser Weingarten wurde von meinem Vater Ende der sechziger Jahre angelegt; aus dieser Rebfläche wurden dann später die Setzlinge für die Neupflanzungen im Jahre 2003 herangezogen.“

Seine Cru “Campo del Soglio”, was soviel wie „Feld der Würde“ oder „Feld des Triumphes“ heißt, bezogen auf die Schlacht (battaglia) von Solferino und San Martino, in der die vereinigten Armeen Frankreichs und des sardischen Königreichs gegen die Österreicher kämpften.

Rebflàche mit dem Turm von San Martino della Battaglia im Hintergrund. Foto: Katrin Walter simplywalter.biz

San Martino della Battaglia im Winter. simplywalter.biz
Der Turm von San Martino della Battaglia bestimmt mit seinen 64,60 Metern Höhe (mit Fahnenmast 74 m) hier an der Ausfahrt Sirmione der Autobahn A4 Mailand-Venedig Sommers wie Winters das Bild. Er wurde zu Ehren von Vittorio Emanuele II. und all jenen, die für die Einheit Italiens von 1848 bis 1870 gekämpft haben, zwischen 1880 und 1893 erbaut.

Die Traube ohne Namen oder Weinproduktion „alla italiana“

Nomen est omen könnte man auch über den Wein San Martino della Battaglia sagen, denn ein Kampf (Schlacht-battaglia) ist der Anbau von Tocai hier im Süden des Gardasees allemal. Vergessen von den Behörden ist diese lateinische Redensart, die ursprünglich vom römischen Komödiendichter Plautus (um 250–184 v. Chr.) stammt und soviel wie „Name und zugleich auch Vorbedeutung“ allemal anwendbar, denn praktisch produzieren die wenigen Winzer hier einen Wein aus einer Traube ohne Namen. Bei Selva Capuzza findet sich – aus Nostalgie über die fehlende Entscheidung zu einem eigenen Namen – auf dem Rücketikett keinerlei Angabe zur Rebsorte, sondern ein silbergraues Fragezeichen. Andere Produzenten schreiben Friulano oder bar jedes Verbotes immer noch Tocai darauf.

Die Produktionsregeln sprechen immer noch von Tocai Friulano, dabei müsste „Tocai“ schon längst gestrichen sein. Im Friaul und in Venetien, wo diese Rebsorte vor allem angebaut wird, haben sie es jeder für sich und ohne gelungene Absprache, ganz in italienischem Stil entschieden: im Friaul heißt die Rebsorte Tocai nun Friulano und in Venetien Tai.

Luca Formentini, Weinproduyent im Gebiet San Martino della Battaglia. Foto: Katrin Walter simplywalter.biz
Luca Formentini produziert in seinem Betrieb „Colli al Lago“ 50 % der Flaschenproduktion dieses DOC-Gebiets. Im hofeigenen Restaurant, Cascina Selva Capuzza, dann man nicht nur diesen Wein zu hervorragendem, lokalen Spezialitäten probieren. Foto: Katrin Walter

Zum Geschmack des San Martino della Battaglia

sagt Marcus Hofschuster von Wein-Plus:

Einst empfohlen als Jungwein zum Trinken, hat der San Martino della Battaglia DOC dieses Images schon lange abgelegt. Dank rigoroser Ertragsreduzierung und verbesserter Technologie im Weinkeller wird heute in den meisten Fällen ein Wein gekeltert, der mindestens 3-4 Jahre bedenkenlos genossen werden kann. Der San Martino della Battaglia DOC ist dabei, neben seinen vielfältigen Frucht- und Zitrusnoten, sehr mineralisch und ausgesprochen rund und weich, so wie andere Weine erst nach längerer Lagerung im Holz werden, dabei wird der San Martino meistens nicht im Barrique ausgebaut. Mit der Lagerung wird der eher säurearme Wein immer schmelziger.

Der Boden ist hier sehr kalkhaltig und lehmig; er hat seinen Ursprung in der Eiszeit und ist heute reich an Festgesteinen und biogenen Sedimenten. Was dem Weingeschmack einen besonderen Kick gibt: Er erinnert an Thymian, Kamille, Heu, weiße Blüten, Mineralien. Je nach Reife der Trauben geht die Bandbreite von weißen Blüten und grünlichen Fruchtaromen zu gelben und tropischen Früchten. Der Ausbau erfolgt überwiegend im Stahltank oder Zement, weil ein Holzfassausbau allzu leicht die delikaten Aromen zudeckt.

Man sollte ihn nicht zu kalt trinken, wie man normalerweise Weißwein trinkt, damit man seine ganze Aromenvielfalt besser wahrnehmen kann. Dieser Wein ist unglaublich kraftvoll und vollmundig, wie es manche Rote nicht sind und darum auch gut aus einem großen Rotweinglas zu trinken.

Dieser Wein schmeckt – aus unserer Erfahrung – sogar Menschen, die sonst nicht trocken trinken oder die eher Weißweine ablehnen (bevor sie einen San Martino della Battaglia getrunken haben).

Alles über San Martino della Battaglia im Weinführer Wein-Plus:

https://weinfuehrer.wein-plus.eu/weine-all?query=san+martino+della+battaglia

Eine Traube, aus der der Wein San Martino della Battaglia Doc wird. simplywalter.biz  Rückenetikett auf einer Fllasche San Martino della Battaglia Doc. Foto: Katrin Walter, simplywalter.biz

Links (oder oben) eine Traube des ehemalig namenlosen Weins (heute Tuchì) in der Lombardei; rechts (oder unten) der fertige Wein aus diesen Trauben: er heißt San Martino della Battaglia DOC.



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