Weinmachen als Verpflichtung in Le Grotte di Sileno

Le Grotte di Sileno heißt so viel wie die Höhle des Silenos und ein Silenos ist in der griechischen Mythologie ein Satyr oder Dämon im Gefolge des Dionysos, dem Gott des Weins, der Freude, der Trauben, der Fruchtbarkeit und der Ekstase. Heute heißt dieser Dämon wohl Kater, wenn man zu tief ins Glas geschaut hat. Wer allerdings genießerisch verkostet und zum Essen ein gutes Glas Wein trinkt, dem erscheinen kaum derlei eigenartige Wesen.

Im Interview mit Raffaele Rochira habe ich allerdings nicht über den durchaus poetischen Namen seines Betriebes gesprochen, sondern eher über seine Produkte und wovon er sich am liebsten etwas mehr einschenken lässt.

Wunderschöne reife Chardonnay-Trauben in der Herbstsonne. Foto: Le Grotte di Sileno
Chardonnay-Trauben in der Herbstsonne im Weingut Le Grotte di Sileno

Katrin: Name?

Raffaele: Raffaele Rochira

Katrin: Wann und wo geboren?

Raffaele: am  3. Mai 1967 in Bari

Katrin: Wie heißt Ihr Weingut und wo befindet es sich?

Raffaele: Es heißt Le Grotte di Sileno und befindet sich in der Ortschaft Castellaneta, in Apulien, im Süden von Italien. Das Weingut liegt auf einem Hügel nur wenige Kilometer vom Ionischen Meer entfernt.

Katrin: Seit wann machen Sie oder Ihre Familie Wein?

Raffaele: Der Anbau sowohl von Tafeltrauben als auch von Trauben für die Weinproduktion hat eine lange Tradition in unserer Familie. In Wirklichkeit jedoch, wie auch die hellenischen und römischen Überreste in unserem Weinkeller belegen, produziert man in diesem Gebiet bereits seit Jahrtausenden Wein.

Katrin: Wie sind Sie zum Wein gekommen?

Raffaele: Es war uns in gewisser Hinsicht eine Verpflichtung, den Staffelstab, den uns die Geschichte übergeben hat, weiterzutragen wie eine unausweichliche Notwendigkeit. Der Boden, das eigene Land ist eine Berufung und dieser wollten wir gern nachkommen. Nicht zufällig nannten es die Römer „Enotria“, eben das „Land, auf dem man Wein produziert“.

Im Foto Raffaele Rochira von Le Grotte di Sileno. Foto: Le Grotte di Sileno
Raffaele Rochira, Foto: Le Grotte di Sileno

Katrin: Welches ist Ihr Lieblingswein aus Ihrem eigenen Sortiment?

Raffaele: Der Chardonnay „Contròra“ repräsentiert für mich die Essenz unserer Produktion, unseres Bodens und unserer Philosophie. Eine internationale Rebsorte, die sich bei uns mit starken und intensiven Eindrücken auflädt, so wie sie nur unser Territorium schenken kann. Contròra bedeutet „sich vor der Sonne schützen“, „nichts tun und der Hitze entfliehen“. Es ist ein typisches Nickerchen nach dem Essen, wenn der Kopf am ehesten geneigt ist zu Visionen und zu angenehmen Traumbildern.

Katrin: Das ist ja wunderbar poetisch und hier spürt man fast den Silenos sprechen. ;-)
Und welches ist Ihr Lieblingswein nicht aus Ihrem eigenen Sortiment?

Raffaele: Wir legen besonderes Augenmerk auf biodynamische Weine, aufgrund ihrer nicht vereinheitlichten Weinkultur, die sich jeder Logik des Marktes entzieht und die Natur in ihrer ganzen Fülle vereint und „erleidet“.

Katrin: Was würden Sie machen, wenn Sie sich ein Jahr nicht darum kümmern müssten, Ihre Brötchen selbst zu verdienen?

Raffaele: Ich würde die Welt bereisen auf der Spur der verschiedenen Weinkulturen, zum Verkosten und zum Lernen eine Entdeckungsreise unternehmen

Katrin: Mit welchem Menschen würden Sie gern einmal Ihren Lieblingswein trinken und warum?

Raffaele: Mit Joe Bastianich*. Mir würde es gefallen, ihm zuzuhören. Er könnte uns sicher viel beibringen. Wir italienische Produzenten sind keine guten Unternehmer.

Katrin: Haben Sie noch einen anderen Traum?

Raffaele: Dass die zukünftigen Generationen in unserem Italien das Land wieder entdeckten sowie die Früchte, die dieses Land zu schenken vermag. In Krisenzeiten, wie diesen, wäre das auch eine optimale Gelegenheit, um neue Erwerbstätigkeit zu schaffen.

Katrin: Und was möchten Sie der Welt sonst noch mitteilen?

Raffaele: Wir haben da noch ein kleines Projekt, das hoffentlich in 2014 Realität wird. Wir restrukturieren gerade unsere Masseria (antikes Gehöft), um dort fünf kleine Appartements anbieten zu können, sowie viel Raum für das gesellige Beisammensein, mitten zwischen den jahrhundertealten Olivenbäumen. Unsere Idee ist es, sehr viel Komfort zu bieten aber immer im engen Kontakt mit der Natur und der Geschichte. Wir haben zum Beispiel einen sehr interessanten Parcours zwischen den zahlreichen aerologischen Fundstücken, die bei jüngeren Grabungen gefunden wurden und sich in unserem Betrieb befinden.

Katrin: Olivenbäume ist das Stichwort. Sie haben noch gar nicht von Ihrem Olivenöl gesprochen, für das Sie ja bereits jede Menge Preise erhalten haben.

Raffaele: Ja, das Olivenöl ist unser ganzer Stolz. Wir haben auf unserem Gelände einen wunderschönen jahrtausendealten Olivenhain (viele der Bäume gab es schon als Benediktinermönche um 890 nach Christus hier wirkten), aus dem die Oliven für unser außergewöhnliches, mehrfach in Italien und im Ausland preisgekröntes „Extravergine“ stammen. Leider ist beim Olivenöl die Kultur, die wirklich gute Qualität der Produkte zu erkennen noch weit weniger verbreitet als beim Wein und so treten wir gegen einen Markt an, der Öle für zwei bis drei Euro pro Liter als „Extravergine“ anbietet.

Ein tausenjähriger Olivenbaum auf dem betriebseigenen Flächen. Foto: Le Grotte di Sileno
Ein tausendjähriger Olivenbaum im Olivenhain von Le Grotte di Sileno

Katrin: Was ist denn das Besondere an dem Öl aus Ihrem Haus und welche Cultivar werden eingesetzt?

Raffaele: Wir arbeiten mit Leccino, Ogliarola und Picholine. Unser Olivenöl hat ein sensationelles organoleptisches** Profil mit einer so geringen Säure, dass sie niemals 0,2 Prozent übersteigt. Das Geheimnis ist der sparsame Einsatz von Wasser (wie auch bei den Reben), rechtzeitige und manuelle Ernte, die Kaltpressung sofort nach der Ernte und eine Reihe von Prozessen in der Ölmühle, die darauf abzielen, den Geschmack und die Qualität des Produktes zu bewahren. Den Rest macht die Zeit, das Klima und unsere wunderbaren Böden.

Katrin: Und wie ist nun der Geschmack?

Raffaele: Es ist ein Öl mit einem sehr eleganten Körper und mittlere Fruchtigkeit. Es riecht uns schmeckt nach Wiesenkräutern, Rucola, Artischocken und frischem Obst wie gelben Äpfeln. Durch diese Geschmacksfülle passt es besonders gut zu rohem oder gekochtem Gemüse, zu Eintöpfen wie z. B. Linsen, sowie zu gegrilltem oder gekochtem Fisch.

Katrin: Wo kann man in Deutschland Ihre Weine und das Olivenöl kaufen?

Raffaele: Für Deutschland vertrauen wir voll und ganz auf Wein-Plus für die Verkostung und für den Verkauf auf Winexplicit. Sie führen unsere Weine und unser Olivenöl. Wie wir erfahren haben, stellt Winexplicit auch am 16. und 17. November 2013 auf die Wein-Plus Convention in Frankfurt aus und sie werden auf jeden Fall unseren Sciupafemmine 2011 mit dabei haben und auch unser Olivenöl.

Katrin: Danke für das Interview und viel Erfolg für die kommenden Projekte und das man in Deutschland auch bald Ihr gutes Olivenöl entdeckt.

Rebanlage von Le Grotte di Sileno. Foto: Le Grotte di Sileno
Rebanlage von Le Grotte di Sileno

Kontaktdaten: Società Agricola Le Grotte di Sileno
Via Vittorio Emanuele 101 – 74011 Castellaneta  – Italien
Telefon  + 39 392 9279701 – info@legrottedisileno.it
www.legrottedisileno.it

*Joe Bastianich ist Restaurantinhaber, Winemaker und Autor sowie Kritiker in der Kochsendung „MasterChef“ in Italien.
**organoleptisch heißt mit den Sinnen wahrnehmend, ohne technische Hilfsmittel (schmecken, riechen, sehen).

 

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